Für Unternehmen wird nachhaltiges Wirtschaften zu einem immer größeren Erfolgsfaktor. Doch auf der Suche nach Einsparpotenzialen warten große Herausforderungen.
Vom großen Einzelhändler über Telekommunikationsdienstleister bis hin zum regionalen Energieerzeuger: fast alle Unternehmen werden mit ihrem Engagement für das Klima. Weil für Kunden eine CO2-neutrale Lieferkette immer stärker an Bedeutung gewinnt, wird die ressourcenschonende Herstellung zu einem Erfolgsfaktor mit großer Strahlkraft. Hinzu kommen weitere Stakeholder, die transparente Nachweise für klimafreundliches Wirtschaften erwarten.
Transparente Fußabdrücke
Der Product Carbon Footprint (PCF) misst die Summe der Treibhausgasemissionen, die auf dem gesamten Lebensweg eines Produkts entstehen. Der Corporate Carbon Footprint zeigt zusätzlich die gesamten Emissionen eines Unternehmens. In der in der Theorie klingt die Aufgabe der Ermittlung des eigenen Fußabdrucks einfach. Mit der konkreten Berechnung stehen viele Betriebe jedoch vor großen Herausforderungen. Speziell indirekte Emissionen des Scope 3 sind nur schwer zu ermitteln.
Dabei sollte das Ziel klar sein: mit jeder neuen jährlichen Berechnung wird der eigene Beitrag an Treibhausgasen und weiteren Emissionen deutlicher. Das Ergebnis von betriebsfremden Anlagen muss dabei von Zulieferern und Dienstleistern eingefordert werden. Diese Emissionen sind nicht zu unterschätzen. Denn die indirekten Emissionen können schnell einen Großteil des eigenen Fußabdrucks ausmachen.
Vorgelagerte und nachgelagerte Emissionen
Bei produktbezogen Emissionen werden verschiedene Stufen erfasst. Am häufigsten werden Produktion, Logistik und Vertrieb berücksichtigt. Diese Cradle to Gate-Ermittlung beinhaltet vorgelagerte Emissionen. Die nachgelagerten Emissionen aus Nutzung und Verbrauch – Cradle to Grave genannt – beziehungsweise Entsorgung und Wiederverwertung werden seltener berechnet.
Zu den vorgelagerten Emissionen zählen indirekte Auswirkungen innerhalb der Wertschöpfungskette, die vor der Herstellung des Produkts entstehen. Dazu zählen beispielsweise die eingekauften Waren und Dienstleistungen inklusive ihrer Fußabdrücke. Als nachgelagerte Emissionen werden Treibhausgase bezeichnet, die entstehen, nachdem ein Produkt verkauft wurde. Hierbei kann ein Unternehmen nur schwer bestimmen, wie klimafreundlich das hergestellte Produkt während seiner Lebensdauer genutzt wird.
Welche Faktoren beeinflussen den Scope 3?
Vor einer Berechnung des Scope 3 muss geklärt sein, welche Daten überhaupt ermittelt werden. Eine gute Orientierung bietet das Greenhouse-Gas-Protocol. Das Dokument unterscheidet zwischen acht vorgelagerten Faktoren und sieben nachgelagerten Kategorien. Vorgelagerte Emissionen können aus eingekauften Waren und Dienstleistungen, Kapitalgütern sowie Energie- und brennstoffbezogene Aktivitäten entstehen. Auch vorgelagerter Transport und Distribution hat Auswirkungen auf den Scope 3. Weitere Faktoren sind Abfälle, Dienstreisen, das Pendeln von Mitarbeitenden zum Arbeitsplatz sowie angemietete oder geleaste Sachanlagen.
Zu den nachgelagerten Emissionen zählen zunächst der Transport und die Distribution an Kunden oder Endnutzer. Hinzu kommen Verarbeitung, Gebrauch sowie Entsorgung des Produkts. Doch nicht auf Produktebene gibt es nachgelagerte Faktoren, die berücksichtigt werden müssen, etwa Investitionen sowie vermietete oder verleaste Sachanlagen. Besitzt ein Unternehmen mehrere Franchises kommen deren Emissionen ebenfalls hinzu.
Chancen und Risiken des Scope 3
Aus der möglichst exakten Bestimmung eines Carboon Footprints entsteht eine Transparenz, die es Verbrauchern ermöglicht, nachhaltig einzukaufen und zu konsumieren. Auch Investoren können Klimarisiken besser abschätzen – und Behörden werden im Zuge der CSRD-Berichterstattung von Unternehmen Nachweise einfordern. Doch die unsichere Datenlage bei der Ermittlung des Scope 3 hat auch Nachteile. Experten erwarten starke sektorspezifische Verzerrungen. Eine Ursache liegt in der ungenauen Vorgabe des Greenhouse-Gas-Protocols. Es mangelt an gemeinsamen Standards für die Berechnung der Emissionen selbst innerhalb der Sektoren. Für Unternehmen besteht deshalb die Herausforderung, sich selbst möglichst hohe Standards zu setzen und diese mit vorhandenen Daten abzusichern, um klimafreundliches Wirtschaften zweifelsfrei nachzuweisen.