In zahlreichen Bereichen gilt Wasserstoff als Schlüssel zu einer erfolgreichen Energiewende. Der Weg zur flächendeckenden Nutzung erfordert neben technologischen Fortschritten eine robuste Infrastruktur.
Pipelines sind ein zentraler Baustein für den Aufbau einer Wasserstoff-Infrastruktur. Eine wichtige Rolle spielen die bereits vorhandenen Erdgas-Pipelines, die jetzt für den Transport von Wasserstoff umgerüstet werden. Hinzu kommt der Bau neuer Leitungen, die für den Transport von Wasserstoff geeignet sind. Vor diesem Hintergrund gewinnt die Werkstoffprüfung eine zentrale Bedeutung, um eine effiziente und sichere Energieversorgung zu gewährleisten.
Bei der Nutzung von Pipelines für den Transport von Wasserstoff gibt es allerdings einige Herausforderungen. Das Gas ist sehr reaktionsfreudig und kann in Rohrleitungen Materialermüdung verursachen, speziell bei höheren Temperaturen oder größerem Druck. Darüber hinaus kann der Transport von Wasserstoff durch Pipelines aufgrund der niedrigen Dichte des Gases und der damit verbundenen geringeren Durchflussrate limitiert sein.
Werkstoffprüfungen bestätigen Tauglichkeit der bestehenden Infrastruktur
Mit Stichproben des Materials wurden die Rahmenbedingungen für den sicheren Transport im Auftrag des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches e.V. (DVGW) untersucht. Für das Forschungsprojekt prüften Open Grid Europe und die Materialprüfungsanstalt der Universität Stuttgart Werkstoffproben von bestehenden Stahlrohren aus dem deutschen Leitungsnetz. Zu den Prüfinhalten zählten unter anderem der Einfluss des Wasserstoffdrucks auf das Material. Die Ergebnisse der Werkstoffprüfungen sind eine gute Grundlage für Lebensdauerprognosen und entsprechend länger prognostizierbare Betriebszeiten von Pipelines.
Die bruchmechanischen Prüfungen zeigten, dass die vorgegebene Mindestbruchzähigkeit eingehalten wurde und gleichzeitig das Risswachstumsverhalten der Erwartungen an das Material entsprach. Aus der geringen Streubreite der Risswachstums leiteten die Forscher zudem die Folgerung ab, dass die Versuchsergebnisse auch für vergleichbare Werkstoffe gelten, die nicht in diesem Projekt geprüft wurden.
Neben dem Risswachstumsverhalten wurde auch der Mindestwert für die Bruchzähigkeit geprüft. Bei den verwendeten Pipeline- und Rohrleitungsstählen konnten die Vorgaben sogar deutlich übertroffen werden. Mit den Ergebnissen konnte das Forschungsprojekt die grundsätzliche Tauglichkeit der Stähle für den Transport von Wasserstoff nachweisen.
Herausforderungen beim Bau neuer Pipelines
Neben der Nutzung bestehender Leitungen werden künftig neue Pipelines für den Transport von Wasserstoff errichtet. Die verwendeten Stähle berücksichtigen dabei speziell die Wirkung des Energieträgers auf die Werkstoffe. Bereits 2022 bestimmte das Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik (IWU) mit mehreren Forschungsarbeiten, welche Eigenschaften Rohre für Transport und Speicherung von gasförmigem Wasserstoff besitzen müssen.
Denn Wasserstoff hat Auswirkungen auf das verwendete Material. Insbesondere bei Schweißnähten oder bei höherfesten Werkstoffen kann Versprödung zu Ermüdungsrissen führen. Die Lösung liegt im Einsatz von unempfindlichen und dünnwandigen Edelstahlrohre ohne jegliche Stützfunktion im Innenlayer sowie hochfesten und längsnahtgeschweißten Rohren als äußerer Stützlayer. Damit wird die Ermüdungsrissausbreitung infolge Wasserstoffversprödung an den Schweißnähten und den höherfesten Rohr-Grundwerkstoffen verhindert.
Schadensanalysen in akkreditierten Laboren
Fundierte Schadensanalysen sind eine essenzielle Voraussetzung bei der Herstellung von Pipelines und Leitungen, um eine funktionierende Wasserstoffinfrastruktur ohne Produktversagen zu etablieren. Denn die ausgeprägte Diffusionsfähigkeit des Gases benötigt eine zuverlässige Gasdichte aller Komponenten. Austretender Wasserstoff könnte ansonsten Brände und Explosionen verursachen. Hinzu kommt die Durchdringung vieler Werkstoffe. Bereits eine minimale Wasserstoffkonzentration von wenigen Teilen pro Million (englisch: parts per million, ppm) kann Korrosion auslösen. Die entstehende vorzeitige Materialermüdung löst anschließend Rissbildung und Sprödbruch aus.
Um herauszufinden, ob Stähle die richtigen Materialeigenschaften für den Einsatz in Wasserstoff-Pipelines besitzen, werden deshalb in Werkstoffprüflaboren verschiedene Prüfungen durchgeführt. Das Verhalten von Metallen in einer Wasserstoffumgebung wird dabei mit zahlreichen Prüfverfahren bewertet. Dazu zählen unter anderem Zugversuche, Zeitstandversuche, Härteprüfungen und Standardprüfverfahren zur Messung des Kriechrisswachstums. Hinzu kommen Slow-Strain-Rate-Testings (SSRT), eine Analyse der Creep Fatigue beziehungsweise des Creep Fatigue Crack Growth Untersuchungen der Bruchmechanik sowie von Low Cycle beziehungsweise High Cycle Fatigue runden die Werkstoffprüfungen ab.
Vorteil akkreditierter Werkstoffprüflabore
Bei der Wahl des richtigen Werkstoffprüflabors gibt es unterschiedliche Faktor. Das wichtigste Qualitätsmerkmal Faktor ist eine Akkreditierung nach ISO/IEC 17025. Die Kriterien der international gültigen Norm werden weltweit anerkannt und zur Bewertung von Laboratorien verwendet. Mit der Akkreditierung eines Werkstoffprüflabors erfolgt eine formelle Kompetenzbestätigung entsprechend der Vorgaben für Parameter, etwa Prüfung von Anfragen, Angeboten und Verträgen, Auswahl, Verifizierung und Validierung von Methoden oder der Probenahme. Weitere Kriterien sind die Handhabung von Prüf- und Kalibriergegenständen, technische Aufzeichnungen, die Ermittlung der Messunsicherheit sowie die Kompetenz der Mitarbeitenden und die Sicherung der Qualität von Ergebnissen.
Mit diesen Materialanalysen nimmt die Werkstoffprüfung eine wichtige Rolle bei den gewaltigen Aufgaben der Energiewende ein. Mehr noch: Indem sie die Tauglichkeit der bestehenden und neu entstehenden Infrastruktur für die Brückentechnologie Wasserstoff untersuchen, werden Werkstoffprüflabore zu einer Hauptfigur der sicheren Energieversorgung der Zukunft.