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Seit 1. April 2023 ist die überarbeitete Fassung der Baustellenverordnung in Kraft. Was hat sich geändert – und was bedeutet das für die Arbeitssicherheit?

Die Bauwirtschaft verzeichnet mehr meldepflichtige Unfälle als andere Branchen und gehört damit zu den risikoreichsten Wirtschaftszweigen. Um diesen wenig aufbauenden Zahlen etwas entgegenzusetzen, wurde 1998 die deutsche Baustellenverordnung erlassen. Damit sollen Unfallrisiken sowie Störungen des Arbeitsablaufs minimiert werden.

Anpassung der Baustellenverordnung

Das lässt sich ausbauen, befand die Europäische Kommission: Um die Standards für Sicherheit und Gesundheitsschutz auf Baustellen zu erhöhen, forderte sie erfolgreich die Anpassung der bis dato gültigen Baustellenverordnung an die Richtlinie 92/57/EWG des EU-Arbeitsschutzrechtes.

Die Kommission war speziell der Ansicht, dass das deutsche Recht in drei Bereichen nicht den Anforderungen der Richtlinie 92/57/EWG entspricht. Betroffen waren die Anpassung des Sicherheits- und Gesundheitsschutzplans bei Änderungen in der Bauausführung, die Regelungen für besonders gefährliche Arbeiten wie dem „Aufbau oder Abbau von schweren Massivbauelementen“ sowie die erforderlichen Maßnahmen auf Baustellen, wo mehrere Mitarbeiter für denselben Arbeitgeber arbeiten und entweder eine Vorankündigung erforderlich ist oder besonders gefährliche Arbeiten durchgeführt werden.

Informationspflicht und SiGe-Plan

Die neue Fassung der Baustellenverordnung ist seit 1. April 2023 in Kraft – und enthält Passagen, mit der die Kritik der EU entkräftet werden. Bei Baustellen, auf denen jeder Beschäftigte für denselben Arbeitgeber tätig ist, gibt es beispielsweise eine neue Informationspflicht seitens der Bauherren. Wenn die Dauer der Arbeiten umfangreicher ist oder besonders gefährliche Arbeiten anfallen, muss der Bauherr den Arbeitgeber über die Umstände informieren, die bei mehreren Arbeitgebern Bestandteil eines Sicherheits- und Gesundheitsschutzplans wären.

Damit soll der Arbeitgeber bereits vor Einrichtung der Baustelle über die Umstände auf dem Gelände unterrichtet werden und zusätzlich alle erforderlichen Informationen für die Gefährdungsbeurteilung erhalten, die er auf Baustellen mit mehreren Arbeitgebern ansonsten einem SiGePlan entnehmen könnte. Dazu zählen insbesondere eine Unterrichtung über Gefährdungen, die sich aus den örtlichen Gegebenheiten auf der Baustelle ergeben sowie über Gefährdungen, die von Dritten ausgehen können, beispielsweise weitere betriebliche Nutzungen des Geländes der Baustelle, öffentlicher Verkehr oder benachbarte Baustellen.

Sind dagegen mehrere Unternehmen auf der Baustelle aktiv, muss ein SiGe-Plan erstellt werden. Gemäß neuer Verordnung muss der SiGe-Plan angepasst werden, wenn während der Ausführungsphase relevante Änderungen am Bauvorhaben vorgenommen werden.

Definition gefährlicher Arbeiten

Bei der Frage nach der Ausführung besonders gefährlicher Arbeiten folgt die aktualisierte Baustellenverordnung dem geltenden EU-Recht. Die Untergrenze von zehn Tonnen Einzelgewicht für Massivbauelemente wurde aufgehoben. Wenn kraftbetriebene Arbeitsmittel zum Heben und Versetzen von Massivbauelementen erforderlich sind, gilt dieser Einsatz künftig schon als besonders gefährliche Arbeit.

Ein neues Element der Verordnung ist darüber hinaus der Ausschuss für Arbeitsstätten (ASTA). Der Ausschuss übernimmt die Überarbeitung und Aktualisierung aller technischen Regeln mit Bezug zum Arbeitsschutz auf Baustellen. Bei sämtlichen Fragen der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten wird das neue Gremium das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ebenfalls beraten.