Um Gewissheit bei der Schalldämmung von Gebäuden und der Akustik in Räumen zu haben, steht TÜV Hessen Projektentwicklern, Architekten und Mietern mit Beratung, Messung und Analyse zur Seite.
Die Ausrüstung täuscht: Denn auch wenn er mit Mikrofon und Lautsprecher unterwegs ist – Nils Weinert arbeitet weder für den Rundfunk noch kümmert er sich um den Bühnenaufbau. Der Sachverständige von TÜV Hessen nutzt vielmehr die beiden Messinstrumente dafür, dem Schall auf die Spur zu kommen. Dabei ist Weinerts Einsatzgebiet weit gefasst: Sein Rat ist nicht nur gefragt, wenn es um die Akustik innerhalb eines Gebäudes geht. Auch bei Angelegenheiten der Raumakustik wird er zu Hilfe gezogen. Eines jedoch haben alle Bereiche gemein: Immer geht es um Schall. Und darum, ihn so gut wie möglich zu begrenzen: mit Dämmung der Wand zwischen zwei Räumen – und Bedämpfung innerhalb eines Raumes.
Jeder Raum hat seine eigene Akustik
Man kennt es aus eigener Erfahrung: In der Pausenhalle von Schulen oder Kindergärten ist es oft laut. Und ist der Geräuschpegel in einem Raum erstmal hoch, werden die Personen darin unweigerlich dazu animiert, selbst lauter zu sprechen, um sich von der Umgebung abzusetzen. „So schaukeln sich die Lautstärken gegenseitig hoch“, sagt Nils Weinert. In der Folge kommt eins zum anderen: Aus laut wird noch lauter – bis hin zum Höllenlärm. Doch was ist eigentlich Lärm? Wie kann man ihn messen? Und wie begegnet man ihm wirksam?
Alles Fragen, auf die der TÜV Hessen-Sachverständige Antworten hat. Beginnen wir mit dem Lärm. Denn was gemeinhin als solcher bezeichnet wird, ist in Wirklichkeit ein subjektives Gefühl. „Man kann sagen, Lärm ist Schall, der als störend empfunden wird“, definiert Weinert. Also geht er so vor, dass er sich dem Lärm mit objektiven Methoden nähert. Dazu ist es nötig, die Nachhallzeit ins Auge zu fassen. Unvermittelt klatscht Weinert in beide Hände. Und wartet, bis man nichts mehr davon hören ist. Diese Spanne wird Nachhallzeit genannt. Man kann etwa an den gewaltigen Baukörper einer Kirche denken, in der ein Geräusch im Schnitt an die sieben Sekunden nachhallt. In Büros dagegen ist der Schall schon nach einer Sekunde wieder verklungen. Um Gewissheit zu erlangen, wie es genau um die Nachhallzeit steht, kommen Messinstrumente ins Spiel. Weinert stellt zu diesem Zweck einen Lautsprecher in den Raum, der ein wenig so aussieht, als habe man einen Fußball mit zu wenigen Flicken zusammengenäht und der dadurch spitze Kanten aufweist. Dieser Dodekaeder dient als Schallquelle. „Über den Lautsprecher spiele ich Rauschen ab. Das wird in einem bestimmten Moment gezielt abgeschaltet. Und zugleich messe ich dann mit einem Mikrofon den Schalldruckpegel“, beschreibt Weinert das Vorgehen. Danach wertet er aus, wie lange der Schall gebraucht hat, bis er um 60 Dezibel abgefallen ist. Wenn Weinert in Ein- und Zweipersonenbüros im Einsatz ist, darf diese Zeit nicht länger als 0,8 Sekunden betragen. Im Großraumbüro muss sogar schon nach 0,6 Sekunden Stille sein. So steht es auf einem Ergänzungsblatt zur Arbeitsstättenverordnung als raumakustische Anforderung.
Falls der Wert überschritten wird, erarbeitet Weinert ein individuell auf den Raum zugeschnittenes Konzept, wie der Schall bedämpft werden kann. „Als Faustregel kann man sagen: Mindestens 20 Prozent der gesamten Raumoberfläche müssen zusätzlich schallabsorbierend gestaltet sein, um einen halligen Raum weniger hallig zu machen.“ Ein Mittel, um dieses Ergebnis zu erzielen, sind abgehängte Decken aus porösen Absorbern. Sie bestehen zum Beispiel aus Schaumstoff oder Mineralwolle. Egal ob es sich um Büros, Hotels, Multifunktionsgebäude, Schulen, Cafeterien, Werkstätten oder Sporthallen handelt: Aus dem Grundriss bei der Planung eines Raums ergibt sich nicht sofort die Auswirkung auf den Lärm, warnt Weinert. Um im Nachhinein hohe Kosten zur Nachrüstung zu vermeiden, können Architekten und Projektleiter besser vorab den Rat des Schallexperten einholen.
Im zweiten großen Einsatzfeld Weinerts, der Bauakustik, wird häufig ein ganz besonderes Instrument zu Hilfe gezogen. Dann nämlich, wenn ermittelt werden soll, wie stark Geräusche durch Etagendecken ins darunterliegende Geschoss dringen. Das Gerät zur Bestimmung der sogenannten Trittschalldämmung ist gut 30 Zentimeter hoch, wird ans Stromnetz angeschlossen, wodurch sich zylinderförmige Hämmerchen in Bewegung setzen, die ordentlich auf den Boden trampeln. Damit kann der von Architekten, Planern und Bauherren benötigte Schallschutznachweis nach DIN 4109 erbracht werden. Die Decken in Mehrfamilienhäusern sind nach den gesetzlichen Vorgaben gedämmt, wenn eine Etage tiefer dieses Hämmerchentrommeln nicht lauter als 53 Dezibel ist. Auch Mieter können mit dieser Methode Gewissheit erlangen. Etwa, wenn im gleichen Haus ein Café angesiedelt ist und störende Geräusche durch die Decken dringen. Oder aber, wenn sie sich anderweitig durch Lärm gestört fühlen.
Neben der Trittschalldämmung kann in der Bauakustik auch die eingangs beschriebene Luftschalldämmung zurate gezogen werden. Dann kann zweifelsfrei ermittelt werden, wie gut die Schalldämmung wirklich ist. Denn auch wenn die gesetzlichen Anforderungen erfüllt sind, heißt das noch lange nicht, dass Stille herrscht. Es wird lediglich der Mindestschallschutz eingehalten.
Autor: Matthias Voigt